Österreich bei großen internationalen Leichtathletik-Events: Frauen dominieren die Medaillenbilanz

Die Leichtathletik-Weltmeisterschaften werden seit 1983 vom Weltleichtathletikverband IAAF durchgeführt und sind das fünftgrößte Sportereignis der Welt. Bis 6. Oktober 2019 wird die 17. Ausgabe der WM in Katar ausgetragen. Der Optimismus in unserem winzigen rotweißroten Team ist berechtigter Weise groß, auch bei unseren beiden männlichen Startern. Und das, obwohl in den letzten Jahrzehnten bei internationalen Leichtathletik-Großevents fast ausschließlich Frauen Edelmetall für Österreich errangen. (Titelbild: GEPA Pictures/ Mario Kneisl)

Österreichs Leichtathletik-Sextett in der katarischen Hauptstadt Doha besteht aus Ivona Dadic (Siebenkampf), Victoria Hudson (Speerwurf), Verena Preiner (Siebenkampf), Beate Schrott (100m Hürden), Lemawork Ketema (Marathon) und Lukas Weißhaidinger (Diskus). Die Damen stellen somit zwei Drittel der rotweißroten Sport-Delegation.

Ein kurzer Blick in die Geschichte der internationalen Leichtathletik-Großevents zeigt auch, dass die vereinzelten großen Erfolge, welche die in der Welt der Leichtathletik sehr kleine Nation Österreich erringen konnten, vor allem den Frauen zu verdanken sind. Sämtliche seit 1948 sieben gewonnenen Olympiamedaillen verdanken wir weiblichen Akteuren. Auch die einzigen beiden Freiluft WM-Medaillen sind ÖLV-Damen zu verdanken (Steffi Graf 2001 Silber in Edmonton über 800 Meter sowie Sigrid Kirchmann 1993 in Stuttgart im Hochsprung).

Ein Hallen-EM-Titel, der Vollständigkeit halber sei es gesagt, ging 1990 in Glasgow an den Vorarlberger Kugelstoßer Klaus Bodenmüller.

Untenstehend finden Sie eine Auswahl der erfolgreichsten heimischen Athletinnen bei internationalen Leichtathletik-Großevents:

Herma Bauma, Olympiasiegerin 1948 im Speerwurf

Die 1915 geborene Wienerin Herma Bauma holte die bislang einzige Goldmedaille für Österreichs Leichtathletik. Dies gelang bei den ersten Nachkriegs-Spielen 1948 in London. Mit 45,57 Metern, damals Olympischer Rekord, schaffte sie den Sprung aufs oberste Siegertreppchen. Schon ein Jahr zuvor hatte Bauma in Wien einen neuen Speerwurf-Weltrekord aufgestellt. Die Begleitumstände waren in Anbetracht der damals noch vorherrschend europaweiten Not mit heutigen Verhältnissen nicht ansatzweise vergleichbar. Bauma erinnerte sich in einem Gespräch mit dem Autor Ende der Neunzigerjahre, dass sie nach den Spielen in London in der „Holzklasse“ (Dritte Zugskategorie mit Holzbänken) heimreisen musste. Nach ihrem Olympiasieg im Jahr 1948 wurde Herma Bauma in den Bundesdienst übernommen. Vor ihrer Pensionierung im Jahr 1977 leitete sie das 1975 eröffnete Bundessportzentrum Südstadt bei Wien. Sie verstarb im Jahre 2003.

Eva Janko, Olympia-Bronze 1968 im Speerwurf

20 Jahre nach dem Olympiasieg Herma Baumas sorgte erneut eine österreichische Speerwerferin für Edelmetall. Eva Janko, im Laufe ihrer erfolgreichen Karriere 14-fache Staatsmeisterin, errang in Mexiko-City die Bronzemedaille. Eva Janko, übrigens Mutter des 70-fachen Fußballnationalspielers Marc, erreicht 1973 mit 61,80 Metern eine Weite, die bislang noch von keiner Österreicherin übertroffen wurde.

Liese Sykora-Prokop, Olympia-Silber 1968 im Fünfkampf

Viele wissen gar nicht mehr, dass die 2006 verstorbene ehemalige österreichische Innenministerin und niederösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreterin Liese Prokop in der Jugend eine herausragende Sportlerin war. 1968 sorgte sie mit Silber im Fünfkampf (heute zum Siebenkampf aufgestockt)  neben Eva Janko für eine weitere Olympiamedaille für Österreich. 1969 gewann sie überdies mit Weltrekord den Europameistertitel.

Ilona Gusenbauer, Europameisterin 1971 im Hochsprung

Für einen weiteren Weltrekord sorgte die 1947 geborene Hochspringerin Ilona Gusenbauer: Im ausverkauften Wiener Praterstadion übersprang sie am 4. September 1971 beim Sportpressefest 1971 gleich im ersten Versuch die Höhe von 1,92 m. Schon einige Wochen zuvor hatte sich Gusenbauer in Helsinki zur Europameisterin gekürt. Im Jahr darauf erreichte Sie bei den Olympischen Spielen in München die Bronzemedaille

Theresia Kiesl, Bronzemedaille 1996 in Atlanta

Nach einer 24-jährigen Durstrecke gab es erst 1996 wieder eine Medaille für Österreichs Leichtathletinnen. Die Oberösterreicherin Theresia Kiesl errang über 1500 Meter Bronze. Zwei Jahre später holte sie sich den Europameistertitel in der Halle.

Steffi Graf, Olympia-Zweite 2000 in Sydney

Die bislang letzte ÖLV-Olympiamedaille sicherte sich die Mittelstreckenläuferin Stephanie „Steffi“ Graf. Die Namensvetterin der berühmten deutschen Tennisspielerin wurde selbst eine ganz Große ihres Faches und musste sich 2000 in Sydney über 800 Meter nur der Ausnahmekönnerin Maria Mutola geschlagen geben. Dasselbe Resultat gab es bei der WM 2001 in Edmonton. Die Kärntnerin Graf schaffte allerdings bei der EM 2000 Gold in der Halle und zwei Jahre später bei der Hallen-EM in Wien nochmals Silber.

Schöne Erfolge in jüngster Zeit machen Mut für Doha 2019

Obwohl diese Erfolge allesamt viele Jahre zurückliegen, hat Österreichs Leichtathletik durchaus aufhorchen lassen, etwa durch Hallensilber bei der EM 2017 durch Ivona Dadic. Und – zur Rettung der Männer: Beim letzten Großevent, der Leichtathletik-EM 2018 in Berlin, gab es sogar vier männliche österreichische Bronzemedaillen: einmal durch den Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger, die anderen durch das sensationelle Marathon-Team (Lemawork Ketema, Peter Herzog, Christian Steinhammer). Wenn das kein Ansporn für Doha 2019 ist…