Heliskiing zwischen Risiko und Faszination

Heliskiing gilt als Traum jedes tiefschneebegeisterten Wintersportlers. Der österreichische Auswanderer Hans Gmoser hat diesen Traum in Kanada wahr gemacht. Seine Liebe zu den Bergen und seine Wissbegierigkeit haben ihn zum Erfinder des Heliskiings und zu einem erfolgreichen Geschäftsmann gemacht.

Von Wolfgang Taus

Das Glitzern der schneebedeckten Berghänge hat schon immer die Menschen in ihren Bann gezogen. War es einst Mathias Zdarsky (1856-1940), der als einer der ersten Skipioniere und als einer der Begründer der alpinen Skilauftechnik bezeichnet werden kann, so muss an dieser Stelle Jahrzehnte später der gebürtige Oberösterreicher aus Traun bei Linz, Hans Gmoser (1932-2006), als Erfinder des Heliskiing genannt werden.

Heliskiing – Schifahren per Helikopter als Aufstiegshilfe – der absolute Traum jedes tiefschneebegeisterten Sportlers in unberührten alpinen Weiten – abseits des Massentourismus und auch des Schi-Weltcup-Zirkus. Diese Idee wurde in den kanadischen Rocky Mountains geboren und schließlich von Hans Gmoser dort in die Tat umgesetzt. Es bleibt bis heute ein elitäres Schivergnügen, ab durchschnittlich umgerechnet 11.000€ (eine Woche pro Person) sind Sie dabei!

„Ein Mann sollte Flügel haben, die ihn ins Land seiner Träume tragen. Manchmal kann aber auch ein Paar Schi diese Flügel ersetzen“, schrieb Gmoser einmal, der 1951 nach Übersee auswanderte und in der unendlichen Bergwelt von British Columbia schrittweise eine der exklusivsten Formen des Skiurlaubs zu perfektionieren begann. 50 Jahre später hat sich am Kern des Heliskiings kaum etwas geändert, nur die Unterbringung ist deutlich komfortabler geworden. Seither werden Heliskiing-Touren nicht nur etwa in den italienischen und französischen Alpen, auf Island, Grönland oder in Norwegen bzw. Schweden angeboten, sondern auch im Kaukasus, in den chilenischen Anden, aber ebenso in ausgesuchten Alpinregionen Japans und Neuseelands. Heliskiing-Abenteuer gibt es zudem auch in scheinbar entlegenen Weltregionen wie in Sibirien oder im Himalaya auf indischem Gebiet. Dort gelten etwa Gulmarg und Shangrila zu den aufregendsten Heliski/Heliboarding-Gebieten Indiens. 

„Ein Mann sollte Flügel haben, die ihn ins Land seiner Träume tragen. Manchmal kann aber auch ein Paar Schi diese Flügel ersetzen“

Hans Gmoser

Trotz allem bleiben die Gebirgszüge und Hänge von British Columbia ein „Mekka“ für alle, die den trockenen „Canadian Champagne Powder“ lieben. Die Anbieter solcher Abenteuer-Urlaube sind heute in Kanada u.a. Canadian Mountain Holidays (CMH), Mike Wiegele Helicopter Skiing, Selkirk Tangiers Heli Skiing, Last Frontier Heliskiing und Northern Escape Heliskiing.

Wegmarken

Anhand einiger Wegmarken von Hans Gmosers einzigartiger Lebensgeschichte widerspiegelt sich die Historie der Alpinistik und speziell des Heliskiings in Nordamerika. „Es war reiner Zufall“, wie Gmoser später zugab, dass er 1951 als junger Bursch nach Kanada auswanderte. Begonnen hatte alles in Linz, wo er am Hauptplatz seinen Bergkameraden Leo Grillmair traf. Er sollte Gmosers Lebensweg prägen. Grillmair war auf dem Weg ins Reisebüro, um sich für eine Reise nach Übersee anzumelden. Zuvor hatte ihm sein Arbeitgeber Kanada als Zieldestination ans Herz gelegt. „Die brauchen dort viele Arbeitskräfte!“ Grillmair erzählte Gmoser davon und beide entschieden sich schließlich, nach Kanada zu gehen. Nach einer mehrwöchigen Schiffsreise kamen sie schließlich an der Ostküste Kanadas an. Gmoser mit 2,75 Dollar in der Tasche. Grillmair hatte nicht viel mehr in der Geldbörse.

Nachdem sie nach Calgary in der westkanadischen Provinz Alberta übersiedelt waren, sahen sie dann am westlichen Horizont erstmals die Rocky Mountains. Leo blieb in Calgary.  Hans verschlug es rasch in die Berge, wo er nach entbehrungsreichen Jahren schließlich als „Mountain-Guide“ und Schitourenführer eine Stelle fand. Er war damals immer in einem für ihn neuen Gebiet im Auftrag des Kanadischen Alpenklubs unterwegs, wo er das jeweilige Gelände erkunden konnte. “Da dachte ich mir immer wieder im Sommer, da wäre auch das Schifahren im Winter sehr schön!“

Gmosers frühe Visionen vom Schifahren sollten dann Jahre später Wirklichkeit werden.

Gipfelsiege

In der Folge machte sich der junge Hans Gmoser als Bergsteiger einen Namen. Gefahrvolle Touren wie zum Beispiel auf den Mount McKinley (Denali) in Alaska – er ist mit 6190 Metern Höhe die höchste Erhebung  Nordamerikas – und Erstbesteigungen mit Schwierigkeitsgraden, die zu jener Zeit in Kanada außergewöhnlich waren, brachten den gebürtigen Oberösterreicher zusammen mit seinem Freund Leo Grillmair an die Spitze des nordamerikanischen Alpinismus. In seinem 1979 erschienenen Buch „The Mountaineers – Famous Climbers in Canada“ führte Phil Dowling die zehn bedeutendsten Bergsteiger des Landes an – darunter Hans Gmoser. Darin schilderte Dowling unter anderem Gmosers Expedition von 1959, die er zum höchsten Berg Kanadas unternahm: zum „Mount Logan“ – ein 6000er inmitten der riesigen St. Elisas-Range im Westen Kanadas, dem größten nicht-polaren Gletschergebiet der Erde. Dies war ein Meilenstein im Alpinismus am nordamerikanischen Kontinent. Ein Höhenunterschied von über 5000 Meter musste dabei überwunden werden. Gmoser damals: “Obwohl wir alle schwer gezeichnet waren, standen wir am 15. Tag am Gipfel“.

Beim Bergsteigen in den Rockys war Gmoser von seinem großen Vorbild, dem Bergsteiger-Pionier Nordamerikas mit alt-österreichischen Wurzeln, Konrad Kain (1883-1934), wesentlich bestimmt. Kain, der aus Hinternasswald an der Rax stammte, war 1908 nach Kanada ausgewandert. So wie Kain als Bergführer die kanadischen Rockys seinen Gästen im Sommer näherbringen konnte, so wollte nun auch der ehrgeizige Gmoser im Winter die Menschen zum Schifahren animieren.

Der Traum vom Heliskiing wird Wirklichkeit

Die ersten Kontakte mit Helikoptern waren anfänglich dazu da, um Gäste in die entlegenen kleinen Lodges zu fliegen, von wo aus man mit Tourenski unterwegs sein konnte. Nach einiger Zeit hatte einer seiner US-Schiurlauber zu Hans Gmoser gesagt: „Es ist herrlich hier oben und die Abfahrt ist traumhaft, aber wäre es nicht möglich den Hubschrauber dafür zu verwenden, die Gäste auf den Gipfel zu fliegen, damit man öfter Schifahren könnte?“ Die Antwort von Hans: „Das kann sich doch kein Mensch leisten!“

Der Gast, mit dem Hans eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte, sagte nur kurz: „Hans, organisiere du den Helikopter und eine Lodge – Ich bringe die Gäste!“ Ein Jahr später begann 1964 in den Bugaboo Mountains die erste Heliski-Woche. In den darauffolgenden Jahren war der Ansturm so groß, dass die Schiurlauber im Voraus bezahlten, damit sie noch einen Platz bekamen. Gmoser verwendete dieses Geld dazu, um sein Unternehmen „Canadian Mountain Holidays“ (CMH) auszubauen. „Wissbegierigkeit und die Liebe zu den Bergen machten Hans Gmoser zu einem erfolgreichen Geschäftsmann. „I bin da Hans!“ – Das galt für seine Gäste ebenso wie für seine Mitarbeiter – ein Leben lang.

Risiko und Faszination

Sicherheit ist das Gebot Nr. 1, insbesondere beim Heliskiing. Trotz ausgeklügelter Rettungssysteme und genauer Analyse der Wetter- und Schneeverhältnisse vor jedem Start kann das Restrisiko, dass man am Ende doch von einer Lawine mitgerissen, verletzt bzw. getötet werde, nie ganz ausgeschlossen werden. So fand der zweite Sohn Gmosers, Robson, einer der erfahrensten Schiführer Westkanadas, im März 2015 durch eine Lawine den Tod.  Dennoch ist die Faszination für „Outdoor“ und „Freeride“ ungebrochen. Leider unterschätzen aber nach wie vor viele Menschen die Gefahren bei Geländefahrten – „trotz Lawinenairbag und Co.“. Mit „Einfach raus“ ist es, wie ein Spot eines Sportartikelherstellers verspricht, leider nicht getan. Hier muss an das Verantwortungsbewusstsein jedes einzelnen „Freeriders“ appelliert werden, um nicht in lawinengefährliche Hänge einzufahren, obwohl die Bergrettung höchste Lawinengefahr ausgerufen hat.

Und dennoch: Die Faszination bleibt – wenn der „Powder“ ruft. Wie sagte schon Seneca: „Durch die Mühsal gelangt man zu den Sternen!“