Warum denn ausgerechnet E-Sport?

Hunderte Millionen Spieler und Milliardenumsätze kennzeichnen den E-Sport. Bei der offiziellen Anerkennung als Sport scheiden sich die Geister. E-Sport bietet viel, hat aber auch einige Nebenwirkungen. (Titelbild: Florian Olivo/Unsplash)

„Es ist das miteinander Spielen, dass internationale Spielen, das Kräftemessen über Grenzen hinaus.“ sagt Stefan Baloh. Seine Antwort kommt schnell, fast stakkatoartig auf die Fragen, was denn an E-Sport so besonders ist. Stefan Baloh ist Präsident des eSport Verbandes Österreich (ESVÖ). In seiner Antwort liegt auch die Begeisterung für den E-Sport. 

Mit dieser ist er nicht alleine. Ungefähr 40.000 registrierte E-Sportler gibt es in Österreich. Sie kämpfen in verschieden Ligen. Hunderttausende Menschen in Österreich, spielen Computerspiele. Diese machen den E-Sport-Markt für kommerzielle Anbieter erst interessant. Während eine geringe Zahl an professionellen Gamern um hohe Preisgelder kämpft, spielt die große Masse aber nur zum privaten Zeitvertreib. 

E-Sport ist ein Massenphänomen. Millionen Menschen weltweit zocken täglich an ihren Computern oder Konsolen. Was macht die Faszination dieses virtuellen Sports aus? Einer der Gründe ist die Aussicht auf vermeintlich leicht verdientes Geld. Profi-E-Sportler verdienen fünfstellige Beträge im Monat, die besten noch viel mehr. 

Ein weiter Grund für den Erfolg ist der Wirtschaftsfaktor E-Sport. Der Umsatz der Branche wird weltweitauf 1,5 Milliarden US-Dollar, für das Jahr 2020, prognostiziert. Damit hängt auch eine riesige Marketingmaschinerie zusammen.

Was unterschiedet E-Sport vom klassischen Sport?

Sport ist eine körperliche Betätigung mit einem klaren Ziel. Dieses Ziel kann der Kontakt zu anderen Menschen sein, oder die Steigerung der eigenen Fitness. Beim Wettkampfsportler sind bessere Platzierungen das Ziel. Sport soll in erster Linie den Menschen einen Ausgleich zu ihren meist passiven beruflichen Tätigkeiten bieten.

„Wenn man nur die Motorik als Maß nimmt, ist E-Sport schon Sport“, sagt der deutsche Sportwissenschaftler Ingo Froböse, schränkt aber ein, dass die sportliche Aktivität hier schon reduziert ist. Fakt ist, dass die Akteure sportliche Höchstleitungen vollbringen. E-Sport-Profis haben, genauso wie normale Sportprofis, eigene Trainer und Ernährungsberater, um ihre Leistungen zu steigern.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ist in der Frage etwas kritischer. Es wird im Detail zwischen virtuellem Sport und E-Gaming unterschieden. Beim virtuellen Sport werden klassische Sportarten am Computer oder auf der Konsole ausgeführt, während beim E-Gaming fiktive Spielszenarien, oft mit brutalen Inhalten, gespielt werden. „In den virtuellen Sportarten sehen wir für unsere Vereine und Verbände Potenzial für eine Weiterentwicklung. E-Gaming hingegen passt nicht zu dem, was den gemeinwohlorientierten organisierten Sport prägt“, sagte die DOSB-Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker.

Auch das Schweizerische Bundesamt für Sport steht dem E-Sport kritisch gegenüber. E-Sport ist kein Sport, sondern eine Spielkultur, heißt es dort.

„Wenn man nur die Motorik als Maß nimmt, ist E-Sport schon Sport.“

Stefan Baloh, vom ESVÖ, sieht solche Aussagen gelassen, „Die Anerkennung des E-Sports als Sportart wurde uns in den Mund gelegt. Diese war nie ein primäres Ziel.“ Er selbst sieht auch keinen Unterschied zwischen Counterstrike (Online-Taktik-Shooter) und Tennis am Computer. Die Spiele sind immer an den Controller gebunden, und für den Spieler macht es keinen Unterschied.

Dass E-Sport große Schnittmengen zum Sport hat, ist unbestritten. Viele große Fußballvereine bedienen sich des E-Sports als Marketinginstrument, um an jungen Fans heranzukommen. Die E-Sportler werden zu Influencern, die um Reichweiten kämpfen und weniger um sportliche Höchstleistungen. 

E-Sport hat ein großes Suchtpotenzial

Die WHO hat die „Gaming disorder“ oder Computerspielabhängigkeit, im Juni 2018 offiziell als Krankheit anerkannt. In Österreich sind, nach Schätzung des Anton-Proksch-Instituts, ein bis zwei Prozent der Bevölkerung süchtig nach Online-Spielen. Bei den 15- bis 18-Jährigen dürfte die Zahl der Abhängigen sogar bei vier Prozent liegen. Kriterium ist dabei nicht in erster Linie die Zahl der Stunden vor dem PC, sondern der Rückzug aus dem realen Sozialleben. Risikogruppe sind in erster Linie männliche Gamer, die intensiv Spiele wie Fortnite oder World of Warcraft spielen. Der E-Sport-Verband sieht die Verantwortung für eine entsprechende Suchtprävention allerdings nicht bei sich liegen, da E-Sport ja nur ein kleines Segment des gesamten Computerspielmarktes darstellt. Stefan Baloh sagt, dass er in 20 Jahren E-Sport die Erfahrung gemacht hat, dass es intensivere Lebensabschnitte gibt, in denen viel gespielt wird, aber am Ende ist keiner der Jugendlichen hängen geblieben. 

Männer beim Computerspielen
Eine Facette des E-Sports ist das virtuelle spielen realer Sportarten, im Bild: Andres Torres, E-Sport Profi, beim Finale der eBundesliga am 19. Jänner in Wien (Foto: Gepa pictures/Michael Meindl)

Eine weitere Gefahr, die der E-Sport mit sich bringt, ist die Reduktion körperlicher Aktivitäten. Sport, ist in unserer durch sitzende Tätigkeiten geprägten Lebenswelt, unersetzlich geworden. Die Folgen des Bewegungsmangels reichen von der Volkskrankheit Rückenschmerzen über Bluthochdruck bis hin zu depressiven Störungen.

E-Sport ist ein Teil unseres täglichen Lebens geworden. E-Sportlern werden bei Wettkämpfen höchste motorische Leistungen abverlangt. Was E-Sport nicht bieten kann, ist eine Alternative zu den meist sitzenden Tätigkeiten im Alltag. Einen Ausweg aus dem eklatanten Bewegungsmangel unserer Gesellschaft, bietet aber nur realer, körperlicher Sport. DH

Anzeichen für eine Computerspielsucht

  • Positive Auswirkung auf die Stimmung bis hin zur Euphorie bei Ausübung des Verhaltens
  • Wichtiger Stellenwert im Leben des Betroffenen, sodass Fühlen, Denken und Handeln davon dominiert werden
  • Wiederholungszwang
  • Entzugssymptome
  • Kontrollverlust
  • Trotz massiver Konflikte in der Familie, im Freundeskreis oder in der Arbeit bzw. in der Schule wird das Problemverhalten fortgesetzt.
  • Rückzug aus anderen Lebensbereichen

Hilfe

Im Anton Proksch Institut in Wien gibt es beispielsweise ein Angebot für Betroffene von Online-Gaming-Sucht. Angeboten werden sowohl ambulante wie auch stationäre Therapien. Ziel ist es, Betroffenen zu einem neuen Zeitmanagement im Alltag zu verhelfen, um einen Rückfall zu verhindern.