Sport als Mittel gegen die anerzogene Trägheit

Der menschliche Körper ist für Bewegung geschaffen. Doch geistige Qualifikation hat in unserer Gesellschaft einen höheren Stellenwert. Um der anerzogenen Trägheit entgegenzuwirken müssen Signale, wie Sport und Bewegung, gesetzt werden.

Von Univ.Prof. Dr. Hans Tilscher

Ein Problem, welches sich zu einer immer größeren Gefahr für die menschliche Gesundheit entwickelt, ist der Missbrauch eines für die Dynamik geschaffenen Organsystems (der größte Teil des Menschen ist Bewegungsapparat) durch statische, d.h. bewegungsfeindliches Verhalten.

Aus der Entwicklungsgeschichte der Menschheit ist bekannt, dass der menschliche Körper im Bauplan für Aufgaben vorgesehen ist, wie das Laufen, das Springen, das Schwimmen, das Kriechen, das Klettern, das Werfen, das Ziehen, etc. Doch die sogenannte Zivilisation bedarf nicht so sehr körperlicher Qualifikationen, sondern geistiger Potenzen. Dies ist der Grund, warum das bewegungshungrige, vor Dynamik strotzende kleine Menschlein im 6. Lebensjahr hingesetzt wird, um seine Hirnfähigkeiten, sein Wissen, sein geistiges Können zu fördern, unter Hintansetzung sämtlicher lebensnotwendiger anderer Funktionen des menschlichen Körpers.

So sitzen sie dann da, unsere Kinder, wie auch wir einmal gesessen sind.

Und es hat uns nicht gutgetan:

Die schmerzhaften Störungen des Stütz- und Bewegungsapparates, speziell der Wirbelsäule erfassen immer größere Teile der Bevölkerung, macht sie arbeitsunfähig, reduziert ihre Lebensqualität und kostet dem einzelnen direkt und indirekt über den Staat ein Vermögen. Die frühere zum Herumtollen und gesundem Raufen benützte Pause wird nun dem großzügigen Angebot der Informatik geopfert und findet ihr Ausleben in entsprechenden Computerspielen, die sitzend mit gekrümmten Rücken und vorgeschobenem Kopf, wie es das Schauen verlangt, exekutiert werden. Es gibt keine einzige Aufmunterung für die Muskeln und das von ihnen versorgte Nervensystem. Übrigens wirken diese Spiele, wie überhaupt die Computerarbeit im Sinne eines bewegungsmäßig nicht ausgelebten Stresses mit den vermehrten Verspannungen gewisser Muskeln und Ausschüttung von gewissen Botenstoffen, die nur durch Körperbewegungen abgearbeitet werden könnten. Nichts ist es mit der Aktivierung der Sensomotorik, d.h. des Tätigwerdens von Informanten und Informatoren, welche die Voraussetzung für entsprechende richtige muskuläre Reaktionen sind. So entsteht die sogenannte Krankheitspotenz, die drohende Störung, die durch irgendwelche banalen Anlässe zur Krankheit wird.

Junge Menschen sitzten und betrachten ihr Handy
Das Handy als liebste Freizeitbeschäftigung. Pausen werden nicht mehr aktiv verbracht.

Doch der Mensch, wäre nicht Mensch geworden, hätte er nicht immer wieder durch seine Fehler gelernt, und sich bei gegebenen Gelegenheiten etwas einfallen lassen. Und zwar gibt es bei dem geschilderten Problem folgende Aufgaben: durch die allmählich anerzogene Trägheit, welche durch Vorbildfunktion in der Umgebung (Zuschauen, Zuhören) verstärkt wird, gilt es Signale zu setzen. Signale dafür, dass Handlungsbedarf besteht.

Der rückfallgefährdete Mensch muss immer wieder gemahnt, ermahnt, erinnert werden, auf die Verlockungen der Trägheit nicht einzugehen. Es muss allerdings auch durch Alternativen verdeutlicht werden, wie das verlorene Ausmaß an der von der Natur vorgesehenen Bewegungen ersetzt werden soll. Das ist die Belastung des Bewegungsapparates schon in Form von verschiedensten Übungen, Bewegungen und Sportarten. Sport hat, gerade in Zeiten der Coronakrise, den Nachteil in entsprechenden Sportstätten, mit entsprechenden Gegenständen oder Ausrüstungen betrieben werden zu müssen. Die Medizin bietet hier gemeinsam mit Physiotherapeuten, Sportpädagogen entsprechende Programme von Bewegungsabläufen und Übungen, welche den Bedürfnissen der Natur Rechnung tragen und somit zu wichtigen Faktoren werden, Krankheiten zu verhindern oder zu beeinflussen.

Univ. Prof. Dr. Hans Tilscher,
Österreichische Ärztegesellschaft für Manuelle Medizin, 
www.manuellemedizin.org    
Gesundheitsaktion SOS Körper,
Rehaklinik Wien Baumgarten,
Reizenpfenninggasse1, 1140 Wien, 
www.soskoerper.at