Zeig mir den Killer in dir

Niki Lauda hatte ihn. Serena Williams hat ihn auch. Es bedarf eines gewissen Killerinstinkts um zu siegen. Spitzensportler sind nicht nur Konkurrenten. Sie treiben sich gegenseitig zu immer besseren Leistungen an. Freundschaften müssen für den Moment des Wettkampfes ausgeblendet werden um das Beste aus sich herauszuholen und um zu gewinnen.

Von Philipp Nägele

Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir in den letzten Jahren im Sport vermehrt sehen, dass es nicht nur verbitterte Feindschaften unter den Athleten gibt, sondern sehr viel Freundschaften anzutreffen sind. Gerade in der Elite sieht man, dass die Sportler eine neue Sichtweise auf die Dinge haben. Und man kann meine Philosophie sehen: Ein Athlet ist beinahe immer abhängig von anderen Athleten. Und: Sie pushen sich gegenseitig immer besser zu werden.

Der schönste Moment für mich im Film „Rush“ – dem Rennfahrer-Leben von Niki Lauda – ist, als die harte Feindschaft von Niki Lauda genau mit diesem „Wissen“ gelockert wird. Er offenbart James Hunt, dass er es braucht, dass er von ihm gepusht wird. Und ohne ihn nie so weit gekommen wäre. Das zeugt von wahrer Größe und einer echten Sportlerpersönlichkeit.

Jetzt kommt das große Aber: wer in Wettkämpfen ist, kennt solche Situationen sehr gut. Es geht gerade um alles, und jetzt entscheidet sich nicht nur, wer gewinnt oder verliert, sondern wer mental stärker ist und – wer einen gewissen Killer-Instinkt in sich trägt.

„Wenn ich eine Schwäche heute erkenne, dann spiele ich daraufhin los.“

Ich möchte dir ein kleines Beispiel geben. Als Serena Williams bei den US Open im Tennis zum ersten Mal auf großer Bühne gegen ihre älter – und damals noch bessere – Schwester Venus Williams antrat, wurde sie vorab zum Interview gebeten. Sie wurde nicht nur nach dieser speziellen Situation gefragt, sowie das erste Mal auf großer Bühne und viel Publikum zu spielen, sondern auch, wie sie ihre große Schwester schlagen könnte. Sie antwortete sinngemäß – nicht originalgetreu – so: „Wenn ich eine Schwäche heute erkenne, dann spiele ich daraufhin los.“ Genau das ist es, was jemand tut, der einen Killerinstinkt hat. Glücklicherweise handelt es sich um Sport, und nicht ums Leben. Da besteht die Möglichkeit auf diese Art und Weise zu handeln. Freundschaften beiseite zu legen, sogar Bruder- und Schwesternschaften. Mental geht es nicht darum seinen Freund zu schlagen, seinen Gegner, seinen Bruder. Nein. Es geht darum, das Beste aus sich herauszuholen und zu gewinnen. Das ist was Sport verlangt. Die Gegebenheiten, sowie auch der Gegner – so speziell er auch sein mag – sind nur „Mittel zum Zweck“, um der beste Niki Lauda – oder die beste Serena Williams – zu werden der oder die man sein kann.

Am Ende des Tages finde ich dennoch die top Priorität in jedem Sport immer noch die Fairness, und den Respekt. Wenn das vorhanden ist, dann darf auf dem Feld des Sports alles passieren.

Philipp Nägele ist Mental Coach und Personal Trainer. Weiter Informationen gibt es auf der Homepage der Kaizen-Mindstyle-Academy.