Tokio 2020 – Wir kommen!

Als am 7. September 2013 Tokio zum Austragungsort der Olympischen und Paraolympischen Sommerspiele gekürt wurde, war die Freude groß. Auch und vor allem beim Österreichischen Paralympischen Committee, das an die japanische Hauptstadt nur gute Erinnerungen hat. 1964 war Tokio schon einmal Gastgeber für die heute drittgrößte Sport-Veranstaltung der Welt. Damals gingen bei der zweiten Auflage 378 Aktive aus 21 Nationen in neun Sportarten an den Start. Die österreichischen Athletinnen und Athleten brachten zwölf Medaillen nach Hause, vier davon glänzten in Gold. (Titelbild: Japan Sport Council)

56 Jahre später richtet die Millionen-Metropole nun als erste Stadt überhaupt zum zweiten Mal Paralympische Sommerspiele aus. „In Tokio wurde der Begriff Paralympics geprägt, es ist ein bisschen eine Reise in die Vergangenheit. Aber vor allem werden es Spiele der Verbindung aus Tradition und Zukunft, die zeigen, wie stark die Kraft des Sports wirkt“, ist ÖPC-Präsidentin Maria Rauch-Kallat überzeugt. „Man sieht schon jetzt, welche positiven Auswirkungen Paralympische Spiele für eine Stadt und die Gesellschaft haben können.“

Von 25. August bis 6. September 2020 werden 4.400 Athletinnen und Athleten aus 165 Ländern in 22 Sportarten und 540 Bewerben um die Medaillen kämpfen. Medaillen, die aus recycelten Smartphones, digitalen Kameras oder Laptops gefertigt werden. Nach einem landesweiten Aufruf wurden aus den nicht mehr genutzten Elektrogeräten 2.700 Kilogramm Bronze, 1.800 Kilogramm Silber und 16,5 Kilogramm Gold gewonnen.

Auch bei den Sportstätten setzt das Organisationskomitee auf Nachhaltigkeit. Von den insgesamt 43 Stadien und Arenen werden zehn temporär errichtet und nur acht neu gebaut. „Die Paralympics in Tokio sind eine einmalige Gelegenheit, Japan für immer zu verändern und zukünftigen Generationen durch den Sport ein nachhaltiges Vermächtnis zu übergeben“, sagt Andrew Parsons. Der Präsident Internationalen Paralympischen Komitees freut sich auch auf großartige sportliche Leistungen. „Ich bin überzeugt, dass wir wieder viele Weltrekorde sehen werden, denn die Dichte an der Spitze hat seit Rio 2016 noch einmal zugenommen. Es gibt nur wenige Menschen auf der Welt, die 100 Meter in 10,5 Sekunden laufen können. Wir haben Sportler, die machen das obwohl ihnen ein Arm oder ein Bein fehlt. Tokio 2020 wird ein neuer Meilenstein für die Paralympics.“

Handbiker Walter Ablinger kennt das Gefühl einer paralympischen Siegerehrung (Foto: Gepa pictures/Christopher Kelemen)
Handbiker Walter Ablinger kennt das Gefühl einer paralympischen Siegerehrung (Foto: Gepa pictures/Christopher Kelemen)

Für die heimischen Athletinnen und Athleten hat die Vorbereitung auf die 16. Ausgabe der Sommerspiele bereits im Spätherbst 2016 begonnen. Handbiker Walter Ablinger ist in seiner Klasse die Nummer 1 der Welt, die Qualifikation für Tokio für den Oberösterreicher nur ein Abschnitt auf dem Weg zu seinem großen Traum. „Der Countdown für die Paralympics läuft! Alle Ergebnisse des heurigen Jahres sind für die Teilnahme in Japan relevant“, so Ablinger, Silbermedaillengewinner in Rio 2016, der alleine in der Vorbereitung mehr als 10.000 Kilometer mit seiner Rennmaschine aus Carbon absolviert hat. Saison-Höhepunkt ist die Weltmeisterschaft in den Niederlanden im September. Die Aufnahme in den Heeressport ermöglicht dem Athletenvertreter im ÖPC noch bessere Trainingsbedingungen, das Olympiazentrum OÖ auf der Linzer Gugl ist zum Zweitwohnsitz geworden – und zu einem Ort der Inklusion. „Das Training mit anderen Spitzensportlern wie Ivona Dadic, Michael Gogl oder Daniel Allerstorfer und der damit verbundene Erfahrungsaustausch ist eine zusätzliche Motivation.“

Speerwerferin Natalija Eder hat ihr Ziel für Tokio trotz Sehbehinderung ganz klar im Auge: nach Bronze in London 2012 und Rio 2016 möchte die Steirerin nächstes Jahr die österreichische Bundeshymne bei der Siegerehrung hören. „2019 ist ein immens wichtiges Jahr für mich, weil die Paralympics kommen mit großen Schritten näher“, möchte sich Eder spätestens im November bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft ihr Paralympics-Ticket sichern.

Thomas Geierspichler will in Dubai das Limit für Tokio bestätigen. Der amtierende „Sportler des Jahres“ und zweifache Paralympics-Sieger musste sich für seine bereits sechsten Sommerspiele neu erfinden. Wieder einmal. In Tokio werden in der Kategorie des Salzburgs nur noch drei Titel vergeben – über 100, 400 und 1.500 Meter. Für den Marathon-Mann – Geierspichler hält den Weltrekord über 42,195 Kilometer – eine Herausforderung. „Der ich mich aber gerne stelle, weil das Gefühl, bei Paralympics erfolgreich zu sein, mit nichts zu vergleichen ist“.

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Präsidentin Maria Rauch-Kallat und Generalsekretärin Petra Huber wollen für die Athletinnen und Athleten das beste Umfeld schaffen (Foto: Gepa pictures/Philipp Brem)

Ein Gefühl, das auch Günther Matzinger nur zu gut kennt. Der dreifache Medaillengewinner wechselte für Tokio von der Leichtathletik zum Triathlon. Medaillenhoffnungen dürfen sich auch Debütanten wie Schwimmer Andreas Ehrnhofer oder Sprinter Alexander Pototschnig machen.

ÖPC-Generalsekretärin Petra Huber und ihr Team arbeiten gemeinsam mit den Verbänden daran, dass die Sportlerinnen und Sportler bestmögliche Bedingungen vorfinden. Beim Training und dann natürlich auch bei den Spielen selbst. Dazu gehört neben der gemeinsamen Einkleidung und Medienbetreuung die gezielte Förderung und Unterstützung des Spitzensports. Seit 2012 werden die Athletinnen und Athleten individuell von der Sporthilfe gefördert, im Oktober 2016 nahmen die ersten fünf Heeressportler ihren Dienst auf. Auch der Zoll, das Bundesministerium für Öffentlichen Dienst und Sport sowie die Bundessport GmbH sind wichtige Partner für die Weiterentwicklung des Behindertensports.

„Der Spitzensport hat in den letzten Jahren auf nationaler und internationaler Ebene eine rasante Entwicklung gemacht. Das erfordert nicht nur intensives Training, sondern auch eine langfristig ausgelegte Karriereplanung, um den Sport professionell ausüben zu können“, weiß Petra Huber, die nicht nur an Tokio 2020, sondern auch schon an die Zukunft denkt. Und so fanden heuer erstmals im BSFZ Südstadt und im ULSZ Salzburg/Rif die Talent Days statt, bei denen rund 300 Kinder und Jugendliche mit Behinderung in Bewegung gebracht wurden. ÖPC