Springschnurspringen können sie auch nicht mehr

Die Weltgesundheitsorganisation berichtet, dass vier von fünf Jugendlichen und Kindern Bewegungsmuffeln sind. Dabei ist es gar nicht schwer aktiv zu sein. Viele geförderte Initiativen bieten dabei Hilfe. Gefragt ist aber auch die Familie, denn dort fängt die Bewegung an.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt tägliche eine Stunde Sport für Kinder und Jugendliche im Alter von 5-17 Jahren. Laut einer aktuellen Studie erfüllt aber nicht einmal ein Fünftel der untersuchten Altersgruppe in Österreich dieses Ziel. 84,5 Prozent der Mädchen und 71,2 Prozent der Jungen bewegen sich zu wenig. Dabei wäre die Erfüllung dieses Ziels gar nicht so schwer. Eine körperliche Aktivität ist wichtig, da sie zur Verbesserung der Fitness und Gesundheit führt. Die Kinder müssen auch nicht tägliche eine Stunde auf der Laufbahn oder im Fitnesscenter verbringen. Es genügt, wenn der Kreislauf und der Körper beispielsweise durch Spiele, auf dem Schulweg oder bei Freizeit- und Haushaltsaktivitäten, in Schwung gebracht wird. Dreimal die Woche soll das Ganze durch ein Training im aeroben Bereich, d.h. mit einer geringen Intensität, gemäß WHO, noch gesteigert werden.

Sechzig Minuten körperliche Betätigung scheint nicht wirklich viel zu sein. Warum ist das in den Alltag eigentlich nicht zu integrieren? Um das zu erfahren werfe ich ein Blick hinter die verschlossenen Schultüren.

Sylvia Ullrich ist Volksschullehrerin mit dreißig Jahren Berufserfahrung. Sie sieht die Sache etwas anders. „Die Kinder heute können kaum sitzen“, sagt die Pädagogin. Eine Bewegungsfaulheit kann sie bei ihren Schülerinnen und Schülern nicht feststellen. Das liegt auch an ihrem täglichen Programm. Jeder Schultag beginnt bei ihr und ihren Kindern mit Morgensport. Fünf bis zehn Minuten wird der Kreislauf in Schwung gebracht bevor der Unterricht beginnt. Am Volksschullehrplan stehen darüber hinaus drei Stunden Sport pro Woche. Wenn Frau Ullrich im Unterricht bemerkt das die Aufnahmefähigkeit der Schüler nachlässt, wird schon einmal eine kleine Sporteinheit eingelegt. Das gibt den Kindern wieder neue Energie. Eingestehen muss sie allerdings auch, dass die Kinder wenig zu Fuß gehen. An Bewegungsangebot mangelt es in der Schule ihrer Ansicht nach aber nicht.

Bewegungsangebote gibt es viele

Für alle Schüler ist die Teilnahme am Sportunterricht verpflichtend. Darüber hinaus bieten viele Schulen unverbindliche Übungen in Bewegung und Sport an. Dieses Angebot richtet sich vorrangig an Schülerinnen und Schüler mit motorischen Defiziten. Gut 140.000 Kinder und Jugendliche nehmen dieses Angebot jährlich war.

Eine über den schulische Einflussraum hinausgehende Initiative ist „Kinder gesund bewegen 2.0“. Ziel des Programms ist es Bewegung und Sport in den Alltag von Kindergarten- und Volksschulkindern zu bringen. Dazu arbeiten die Sport-Dachverbände ASKÖ, ASVÖ und Sportunion zusammen. Kindern können kostenlose an zahlreichen sportlichen Aktivitäten teilnehmen. Alleine im Schuljahr 2017/18 wurden 95.361 bewegungsfördernde Einheiten abgehalten.

Auch mit der Bewegungsinitiative „Gesund und Munter“ fördert das Unterrichtsministerium die Verbesserung der koordinativen und konditionellen Fähigkeiten von Volksschülerinnen und -schülern. Verschiedene Sportarten, wie Laufen, Geräteturnen, Schwimmen sowie viele weitere, werden den Kindern nähergebracht. Durch das eintragen der Aktivitäten in ein Bewegungstagebuch werden die Fortschritte in den verschiedenen Bewegungsbereichen bewusst gemacht.

Andere Studien, andere Ergebnisse

So bedenklich das Ergebnis der WHO-Studie auch erscheint, ganz so schlimm wie dargestellt dürfte es aber nicht sein. Eine im Jahr 2017 durch das Land Niederösterreich durchgeführte Studie zum Sportverhalten von Kindern im Bundesland zeichnet ein anderes Bild.

31 Prozent der 2.122 befragten Schülerinnen und Schülern der 5.-12. Schulstufe gaben an, zumindest sieben Stunden pro Woche körperlich aktiv zu sein. 86 Prozent treiben zumindest einmal die Woche Sport in ihrer Freizeit und sogar 42 Prozent der Kinder sind in einem Sportverein aktiv.

 „Springschnurspringen können sie auch nicht mehr“, sagt die Lehrerin Sylvia Ullrich. Das die motorischen Fertigkeiten bei Kindern abgenommen haben ist ein Problem, dass erkannt wurde. Initiativen zur Verbesserung sind eingeleitet und tragen scheinbar schon Früchte.

Die schnellste und unkomplizierteste Hilfe bei jungen Bewegungsmuffeln bietet immer noch die Familie. Durch eine aktive Gestaltung der Wochenenden mit Sport, Wandern oder auch nur Spazierengehen ist das WHO-Ziel schon so gut wie erfüllt.