Sport im mittleren Lebensalter

Die Motive der 40 oder 50jährigen Sport zu betreiben basieren mehr auf Gesundheit und Freude. Oft sind es erste Anzeichen der Folgen der Immobilität, wie Schmerzen, Gewichtsprobleme, Kreislaufprobleme, ev. Stoffwechselstörungen, die den Gesundheitsbewussten verleiten, Sportarten zu betreiben, die nicht mehr in erster Linie die Schnelligkeit oder die Kraft betreffen.

Von Univ.Prof. Dr. Hans Tilscher

Laufen, Wandern und Schwimmen gewinnen an Bedeutung, vor allem Sportarten, welche auch gesellschaftlichen Ansprüchen genügen, wie Tennis und Golf. 

Der Wiedereinstieg oder der Neubeginn sollte dabei sorgfältig und langsam unter Berücksichtigung von eventuell auftretenden Beschwerden ausgeführt werden. Der anfänglich auftretende Muskelkater ist fast nicht vermeidbar.

Unvorbereitete Belastungen des Herz-Kreislaufsystems bzw. des Bewegungsapparates könnten durch die aktuellen negativen Folgen zur Aufgabe führen. Fachliche Ratschläge einholen ist angezeigt.

Den Neubeginnern – speziell von technischen Disziplinen – wie z.B. Golf und Tennis sollte klar gemachte werden, dass die Fähigkeit neue Bewegungsabläufe zu automatisieren mit zunehmendem Alter abnimmt. Trainerstunden und Übung führen zu guten Techniken, welche Beschwerden verhindern können.

Sport im Alter – die Gelenkabnützung

Die Diagnose „Arthrose“ ist das Ergebnis von Informationen aus der Krankengeschichte, aus bildgebenden Verfahren, gelegentlich auch aus labormäßigen Untersuchungen, vor allem aber aus den klinischen Untersuchungstechniken. Das alleinige Vertrauen auf die Hochtechnologie der Medizin engt die diagnostische Sicherheit ein. Die Häufigkeit von nur röntgenologisch festgestellten arthrotischen Veränderungen soll nicht dazu führen, Beschwerden aus dem Stütz- und Bewegungsapparat als Abnützungsfolgen zu interpretieren.

Sportarten und der Einfluss auf den Körper

In speziellen Sportarten werden verschiedene Eigenschaften menschlicher Leistungsfähigkeiten gefordert. Diese haben im normalen Ausmaß betrieben, meist in Kombination miteinander wirkende Ziele.

  • Ausdauer – Training, auch des Herzkreislaufsystems
  • Kraft – Gelenk und Haltungssicherung
  • Geschicklichkeit – Koordination, das „ökonomische“ Zusammenspiel von Information und motorischer Beantwortung
  • Schnelligkeit – Reaktionsfähigkeit
  • Wohlbefinden – Befriedigung – Freude

Bei verschiedenen Sportarten sind mehrere oder alle der oben genannten Trainingsziele notwendig.

Seitens der Medizin wird durch das Betreiben von Sport folgendes erwartet:

Erwünschte Wirkungen und Aufgaben des Sportes sind:

  • Stimulation der Gelenkrezeptoren
  • Dynamische Dehnreize auf Muskel und Gewebe
  • Anstieg des Endorphinspiegels (Glückshormon)
  • Anheben der Blutzirkulation
  • Abtransport metabolischer Endprodukte (Schlacken) und Schmerzstoffe
  • Angepasste mechanische Beanspruchung

Prinzipien des Trainings

Sportspezifische Bewegungsabläufe sollen durch ihre Ökonomie ein Maximum an Leistung erbringen. Durch die im Training erfolgenden Wiederholungen der Bewegungsabläufe entwickeln sich im Zentralnervensystem, Bewegungsmuster, Engramme (movement pattern), die allmählich automatisiert werden, und die vom Athleten begonnen, kontrolliert (Konzentration) und beendet werden. Die Möglichkeit möglichst rasch bleibende Engramme zu bilden, bieten die jüngeren Jahre.

Daher können auch  Sportarten, die früh gelernt wurden, im Alter noch am besten betrieben werden. 

Kriterien zur Wahl der Sportart

Bereits bei der Auswahl der zu erlernenden Sportarten spielen nicht nur die körperlichen (anatomischen) Gegebenheiten eine Rolle. Es sind oft familiäre Vorbilder oder häufig auch geographische Vorbedingungen, die bei der Sportartwahl den Ausschlag geben. Diese Faktoren bleiben so lange ohne schädigende Folgen wie die erwählte Sportart nicht bis zum (Hoch)Leistungssport vorangetrieben wird.

Vorteilhaft ist eine frühzeitige Verteilung der sportlichen Aktivitäten auf verschiedene Disziplinen (Allround-Sport).

Bei der Sportartwahl sind prinzipiell auch konstitutionelle Vorbedingungen zu beachten. Häufig sind es gerade jene über dem durchschnittlichen Niveau liegenden körperlichen Fähigkeiten, die von Eltern, Sportlehrern und Trainern erkannt werden und Jugendliche Sportarten wählen lassen, die solche Gegebenheiten ausnützen und verstärken (z.B. Kunstturnen, rhythmische Sportgymnastik, bestimmte Leichtathletikdisziplinen, Ballspiele, Fechten, Kampfsportarten, usw.). Gefördert wird dieser Vorgang durch die verständliche Einstellung der Ausführenden, die gerne alles tun, was sie – konstitutionell vorgegeben – gut können.

Bei einer konstitutionell vorgegebenen Hypermobilität (Überbeweglichkeit) sollten jedoch gerade Sportarten, die große Bewegungsexkursionen verlangen, vermieden werden.

Allgemein gilt, dass überbewegliche, asthenische Typen stabilisiert und muskelkräftige, athletische Typen mobilisiert werden sollten. Erstere können einer die Muskelkraft belastenden und letztere einer bewegungssteigernden Sportart zugeführt werden.

Überbewegliche, asthenische Typen – stabilisieren
Muskelkräftige, athletische Typen – mobilisieren

Lebensalter der Sporttreibenden

Am unproblematischsten ist die Wahl einer Sportart für den jungen Menschen. Hier sind Lern- und Programmierfähigkeit noch optimal, ebenso Kraft und Schnelligkeit. Als Schwachpunkte dieser Altersstufe gelten die Selbstüberschätzung des Leistungsvermögens einerseits und das Nichtbeachten von Warnzeichen (Schmerzen!) eines überforderten Bewegungsapparates.

Sportarten, die in der Jugend erlernt wurden und im Gehirn als sichere Bewegungsmuster zentral gespeichert sind, können bei gegebenen Voraussetzungen bis ins hohe Alter ausgeführt werden. Den Senioren muss nur bewußt sein, dass die Beweglichkeit und Koordinationsfähigkeit mit zunehmendem Alter abnehmen und dementsprechend geringere Schwierigkeitsgrade erreichbar sind. Für Senioren sind daher Ausdauersportarten geeignet.

Wird überhaupt erst im mittleren oder fortgeschrittenen Alter mit Sport begonnen, so eignen sich dazu vor allem Disziplinen, die relativ einfach erlernbar sind, keine komplizierten Bewegungsabläufe, keinen Körperkontakt mit anderen verlangen und möglichst in ähnlichen, bereits programmierten Bewegungsmustern verinnerlicht sind (Laufen, Radfahren, Skilanglauf, Bergwandern, Schwimmen).

Univ. Prof. Dr. Hans Tilscher,
Österreichische Ärztegesellschaft für Manuelle Medizin, 
www.manuellemedizin.org    
Gesundheitsaktion SOS Körper,
Rehaklinik Wien Baumgarten,
Reizenpfenninggasse1, 1140 Wien, 
www.soskoerper.at