Radball – ein Spiel mit großer Gewandtheit

Wenn man nach einer Sportart fragt, in der Österreich Weltklasse ist, bekommt man vermutlich Skifahren zur Antwort. Es könnte aber ebenso gut Radball sein, denn von den letzten 10 Weltmeisterschaften gewann Österreich sieben. Doch Radball verlangt von seinen Spielern sehr großes radfahrerisches Geschick.

Die Idee zum Radball stammte von dem amerikanischen Kunstradfahrer Nick Kaufmann. Der Legende nach soll ihm, bei einer Fahrt mit seinem Hochrad, ein Hund vors Rad gelaufen sein. Um einen Sturz zu vermeiden, schubste er den Hund, es soll ein Mops gewesen sein, mit seinem Vorderrad weg. Die Aktion war erfolgreich und der neue Sport war geboren. Der Mops wurde durch einen Ball ersetzt und Kaufmann, der zu diesem Zeitpunkt in seiner Heimat schon als Kunstradfahrer bekannt war, hielt am 14. September 1883 das erste Radball-Spiel ab.

Foto von Nick Kaufmann mit einer Jacke voll mit Auszeichnungen.
Der amerikanische Kunstradfahrer Nick Kaufmann gilt als Erfinder des Radball-Spiels. (Foto: Wikipedia)

Wann genau das Spiel den Sprung über den großen Teich geschafft hat, ist nicht überliefert. Auf jeden Fall berichtete die Zeitschrift „Sport im Bild“ bereits im Jahr 1897 über ein Radball-Spiel in Berlin. Der Verfasser des Artikels zeigte sich zuversichtlich, „dass die große Gewandtheit mit der die Spieler ihre Räder tummeln“, zu einem Rückgang der Unfälle auf den Straßen führen muss.

Radball kann in 2er, 5er und 6er-Mannschaften gespielt werden. Am beliebtesten ist die Variante mit zwei Spielern. Dabei ist einer Feldspieler und der andere Torwart. Das speziell für diese Sportart ausgestattete Rad hat keine Gangschaltung und keine Bremsen. Die feste Übersetzung ermöglicht es mit dem Rad vorwärts- und rückwärtszufahren. Auffallen sind beim Rad der lange, wie ein Geweih, nach oben gebogene Lenker und der weit nach hinten versetzte Sattel.

Beim Radball spielen immer zwei Teams gegeneinander. Das Spielfeld ist 14 × 11 Meter groß und von einer schrägen Bande umgeben. Die Spieler fahren auf ihren Rädern und dürfen den Boden nicht mit den Füßen berühren. Der Ball darf mit dem Kopf oder dem Rad geschossen werden. Regelverstöße, wie beispielsweise das Berühren des Bodens mit den Füßen, werden mit einem Freistoß für die gegnerische Mannschaft geahndet. Bei besonders schweren Verstößen bzw. im Strafraum, mit einem vier Meter Strafstoß. Nur der Tormann darf den Ball mit den Händen berühren.

Ein Radballrad mit dem markanten Lenker und dem nach hinten versetzten Sattel
Ein modernes Radballrad (Bild: www.starbicycle.com)

Internationale Wettkämpfe finden seit den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts statt. Seit den 1980 Jahren werden die österreichischen Radballer immer präsenter. Seit 2011 wurde das österreichische Nationalteam siebenmal Weltmeister. Der heute 26-jährige Patrick Schnetzer aus Vorarlberg stand dabei immer im Tor. Zumeist stand ihm sein Landsmann Markus Bröll, als Stürmer zur Seite.

Der Ball, mit dem gespielt wird, hat auch seine Besonderheiten. Er hat einen Durchmesser von 17–18 cm, ist also ungefähr so groß wie ein Handball. Gefüllt ist er aber mit Rehhaaren. Dadurch ist er etwas schwerer und nicht elastisch, erreicht aber Geschwindigkeiten von bis zu 100 km/h. Wie im Fußball gibt es Eckbälle, Ausbälle, Anstöße, Frei- und Strafstöße.

Patrick Schnetzer auf seinem Spezialfahrrad
Patrick Schnetzer bei der Radball-Weltmeisterschaft 2018 in Lüttich. (Bild: Wikipedia)

Patrick Schnetzer spielt Radball seit seinem siebten Lebensjahr. Zum Sport kam er über einen Freund. „Bei uns gab es nicht viel mehr als Radball“, erinnert er sich. Seit 2006 betreibt er Radball als Leistungssport. 2009 wurde er Junioren-Europameister. 2011 gelang ihm der Sprung an die Weltspitze. Mit 17 Jahren krönte er sich zum jüngsten Weltmeister der Radball-Geschichte.

Da Radball ein Hallensport ist, ist es auch besonders von der Corona-Krise betroffen. Laufende Bewerbe wurden abgesagt und das Training eingestellt. Ein kleiner Hoffnungsschimmer für unsere Spitzensportler im Radball ist die für Ende November geplante UCI Hallenradsport-Weltmeisterschaft in der Porsche-Arena in Stuttgart. Erwartet werden rund 300 der weltbesten Radballer und Kunstradfahrer aus gut 20 Nationen. Die österreichischen Radballer gehen als amtierende Weltmeister, allerdings in neuer Teamzusammensetzung, mit Patrick Schnetzer und Stefan Feurstein, in den Bewerb.