Kopfüber von Salzburg nach Wien

Es gab Zeiten, da ging man davon aus, dass die Menschen auf der anderen Seite der Welt auf dem Kopf stehen. Heute weiß man schon lange, dass dies nicht der Fall ist, trotzdem stehen und gehen Menschen immer wieder mit dem Kopf nach unten. Siegfried Waslberger ging auf seinen Händen, für einen guten Zweck, von Salzburg nach Wien. Die sportliche Leistung gelang, doch das gesetzte Ziel wurde nicht erreicht (Titelbild © Melanie Höllbacher).

Die Hände stehen schulterbreit auf dem Boden. Das ganze Körpergewicht lastet auf den Händen. Die Beine sind durchgestreckt. Das Blut steigt in den Kopf. Der ganze Körper ist angespannt. Es ist nicht leicht einen Handstand zu machen. Noch viel schwerer ist es, sich kopfüber fortzubewegen. Nur Wenige schaffen es, sich länger im Handstand zu halten oder gar, sich gezielt so fortzubewegen. Einer, der dies zur Meisterschaft brachte, war der Salzburger Siegfried Waslberger.

Waslberger war ein autodidakter Artist aus Hallein. Er hatte Engagements in weltbekannten Zirkussen wie Hagenbeck, Knie und Krone. Er verfügte über eine außergewöhnliche Körperbeherrschung und galt in der Nachkriegszeit als einer der besten Handakrobaten weltweit. Eine gewisse Berühmtheit, über die Manege hinaus, erlangte er mit einem Marsch auf seinen Händen von Salzburg nach Wien.

Für einen guten Zweck in 100 Tagen von Salzburg nach Wien

Am 15. Mai 1957 begann Siegfried Waslberger seinen 327 km langen Handmarsch. Das Ziel war klar, der Wiener Stephansdom. Der Zweck auch. Mit seiner Leistung wollte der damals 32-jährige Geld für jungen Sportler lukrieren. Mit dem gesammelten Geld sollte auch eine Gymnastikschule für körperbehinderte Kinder errichtet werden. Waslberger legte täglich zwischen 3,5 und vier Kilometer auf seinen Händen zurück. Seine Betreuung übernahmen seine drei Brüder, die ihn in einem umgebauten VW-Bus begleiteten. Der Bus diente sowohl als Küche, wie auch als Unterkunft während des hunderttägigen Abenteuers. Um seine Hände vor Verletzungen zu schützen, ließ er sich spezielle gepolsterte Handschuhe anfertigen. Die Marschstrecke führte über öffentliche Straßen, wie die Westautobahn, was eine ständige Begleitung durch die Polizei notwendig machte. Der Handmarsch erregte großes Interesse bei den Medien. Bei seiner Ankunft am 25. August in Wien marschierte er durch ein beeindruckendes Menschenspalier bis zum Schloss Schönbrunn. Aufgrund der Publikumsmassen entschloss er sich seinen Marsch dort zu beenden und nicht wie geplant zum Stephansdom weiterzugehen.

Gedenkpostkarte von Siegfried Waslberger
Mit dem Verkauf von Gendenk-Postkarten, versuchte Siegfried Waslberger die Kosten seiner aufsehenerregenden Reise zu decken. (© Melanie Höllbacher)

Was blieb von Siegfried Waslberger

Der Marsch war zwar ein großer medialer Erfolg, der gewünschte wirtschaftliche Erfolg blieb allerdings aus. Vor allem die lange Dauer des Unterfangens fraß alle Einnahmen auf und so kam es nie zu der Errichtung der geplanten Sportschule. Zum sechzigsten Jahrestag seiner sportlichen Leistung rief seine Enkeltochter, Melanie Höllbacher, ein Charityprojekt ins Leben. Ganz im Geiste ihres Großvaters sammelt sie Geld für ein karitatives Projekt. Zwar läuft sie dazu nicht auf ihren Händen, setzt aber auch auf Handwerk. Sie versucht ihr Projekt durch den Verkauf von Kappen, Hauben und Schals mit einem Logo, das ihren Großvater im Handstand symbolisiert, zu verwirklichen. Ihr Ziel ist es, einen Fonds zur Unterstützung von im Freizeitsport verunfallten Kindern, zu schaffen.

Der offizielle Weltrekordhalter

Das Guinness-Buch der Rekorde verzeichnet ein gutes Dutzend Rekorde im Gehen auf den Händen. Als Rekordhalter für den längsten Handlauf wird ein Johann Hurlinger geführt. Dabei handelt es sich aber um den aus Linz stammenden Johann Haslinger, der 1900 von Wien nach Paris, zur Weltausstellung reiste. Er hatte keine Beine und hat sich deshalb auf einem einachsigen Rollstuhl, den er mit den Händen auf dem Boden vorwärts schob, bewegt. In 55 Tagen legte er so die Strecke von Wien nach Paris zurück. Mit diesen 1435 km, die den Wiener Prater mit den Boulevards von Paris verbinden, ist er bis heute offizieller, wenn auch falscher, Guinness-Rekordhalter.

Eine kleine Geschichte am Rande

Ludwig Hofmaier (genannt Handstand-Lucki), bekannt als schrulliger Antiquitätenhändler in der Fernsehsendung Bares für Rares, ist im Jahr 1967 von Regensburg nach Rom auf seinen Händen gelaufen. Für die 1070 km lange Strecke brauchte er drei Monate und hunderte Handschuhe. Als Belohnung gab es eine Audienz beim Papst.

Wer es einmal selber versuchen will, findet hier eine gute Anleitung.

Video: Hand walking artist

Handmarsch-Charity-Projekt von Melanie Höllbacher, der Enkelin von Siegfried Waslberger

Wer die Spezialhandschuhe von Siegfried Waslberger in Natura sehen will, findet diese im Kelten Museum in Hallein