Jetzt konzentrier dich doch mal!

Die Konzentration während einem langen Wettkampf zu halten ist schwer. Der richtige Fokuspunkt hilft dabei, störende oder negative Gedanken loszuwerden und eigene Fähigkeiten zu verbessern.

Von Philipp Nägele

Hast du diesen Satz „Jetzt konzentrier dich doch mal!“, schon einmal von einem Trainer gehört? Ich kann mich noch lebhaft an diesen Satz als jugendlicher Sportler erinnern. Egal ob ich Tennis, Basketball oder Fußball gespielt habe, überall kam diese Anweisung vor.

Als Coach liebe ich es heute in Vorträgen die Anwesenden zu fragen, was sie tun, wenn ihr Trainer diese Anweisung gibt, bzw. diese Aussage macht? Was bedeutet das, wenn „ich mich konzentrieren soll?“ Ich selbst wusste als Jugendlicher nicht, was zu tun war. Worauf sollte ich mich konzentrieren? Sollte ich das Gesicht verziehen – quasi als Merkmal dafür, das ich mich konzentrierte?

Es kommt selten vor, dass vom Publikum eine Antwort auf diese Frage kommt. Vielleicht aus Scheu, wahrscheinlich aber aus Nichtwissen. Und leider wird es heute immer noch wenig gelehrt, worauf man sich konzentrieren kann.

Vor Jahren kam ein Fußball-Tormann auf mich zu und bat mich um eine Zusammenarbeit. Sein Hauptproblem definierte er so: Es passierte ihm oft, dass er auf dem Platz stand, und alles außerhalb des Feldes wahrnahm. Ganz egal, ob er den Präsidenten laut reden hörte, oder ob er das Schimpfen der Fans nicht ignorieren konnte – er sagte, er bekommt oftmals alles abseits mit und kann sich gar nicht auf das Spiel vor ihm konzentrieren.

Das ist wahrlich ein großes Problem, denn als letzte Linie darf er sich tatsächlich keine Fehler erlauben. Was haben wir gemeinsam unternommen? Wir haben unter anderem verschiedene Fokus-Punkte erarbeitet. Im Coaching ging es – mit meiner Unterstützung – um die Ideen des Coachee, was bedeutete, dass dieser Goalie selbst genügend Ideen hatte, worauf er sich konzentrieren konnte! Das ist wundervoll, denn die Umsetzungsideen kamen direkt von ihm, was dem Goalie in Bezug auf sein Selbstvertrauen wieder half, da er realisierte, dass alle Lösungen bereits in ihm steckten.

Und es klingt nun vielleicht abgedroschen und dumm, aber rate mal, was ihm bis heute hilft, den Fokus zu finden und die Konzentration wieder vor sich, auf das Spiel zu lenken? Schlicht und ergreifend, dass er sich auf den Ball konzentriert und mit seinen Augen den Ball verfolgt. Unglaublich! Klingt zu einfach? Ist es auch! Durch das Trainieren dieses Fokuspunktes hat er es besser geschafft, seine Konzentration zu halten. Und durch die ersten Erfolge damit entwickelte er neue Ideen und Fokuspunkte. Beispielsweise hat sich daraus entwickelt, dass er sich in Bezug auf die Kommunikation mit seinen Verteidigern verbesserte. Da er seine Konzentration halten konnte, konnte er auch auf seine Mitspieler besser einwirken. So entwickelte sich aus dem nicht konzentrieren können, viele verbesserte Fähigkeiten, wie auch die Kommunikation.

Wir müssen auch realisieren, dass es uns fast unmöglich ist, über einen langen Zeitraum den Fokus zu halten. Wer behauptet, dass er bei 90 Minuten Fußballspiel nie den Konzentrationsfaden verliert und den einen oder anderen störenden Gedanken bemerkt, der ist in meinen Augen nicht ganz ehrlich.

Die Frage ist aber nicht, ob und wann wir den Fokus verlieren, oder ob störende und negative Gedanken da sind – denn das sind sie! Die Frage ist: wie komme ich zurück? Wie kann ich mich wieder fokussieren? Wie kann ich wieder meine Leistung abrufen? Wenn die Athleten hier Werkzeuge haben, dann kann das Potenzial besser abgerufen werden.

Philipp Nägele ist Mental Coach und Personal Trainer. Weiter Informationen gibt es auf der Homepage der Kaizen-Mindstyle-Academy.