Golf – medizinische Aspekte

Golf hat sich in Österreich zu einem Breitensport entwickelt. Bei älteren Menschen ist der Sport besonders beliebt. Golfer-Ellbogen, Golfer-Schulter und Golfer-Rücken gehören zu den häufigsten Beschwerden. Mit Hilfe einer korrekte Schlagtechnik, einem ausgewogenen Training und gezielter Aufwärm- und Dehnübungen vor jedem Abschlag, können diese vermieden werden.

Von Univ.Prof. Dr. Hans Tilscher

In Österreich gibt es gut 100.000 Golfspieler. Die Zahl der Golfplätze steigt stetig. Weltweit gibt es 60 Mio. organisierte Golfspieler, in Kanada spielen 16%, in den USA 10%, in Schweden 7% und in Österreich 1,2% der Bevölkerung Golf.

Golf ist eine der wenigen Sportarten, die im Grunde aus dem Stehen erfolgt. Golf ist allerdings eine Kombination aus Bewegung und Denksport, bei dem man global etwa 40% beim Gehen verbringt, 40% beim Stehen und etwa 20% beim Schlagen.

Über die Vorteile braucht man nicht zu diskutieren, im Prinzip verfolgt das Golfen das Ordnungsprinzip, das Entropieprinzip: der Ball gehört in das Loch und dem soll möglichst ökonomisch nachgegangen werden.

Es muss dabei gleich auf das Training der Ausdauer eingegangen werden, Golf ist in dieser Hinsicht bei älteren Menschen als Ausdauertraining trainingswirksam, wenn zwei Mal 18 Löcher pro Woche gespielt werden, selbstverständlich in Abhängigkeit von der Hügeligkeit des Platzes für junge Spieler scheint das nicht zu gelten und schon gar nicht für die, die einen Cart benützen.

Nun soll auch auf die medizinische Problematik des Golfsports eingegangen werden, unter der Devise „Betreibe Sport oder bleibe gesund?“

Hier zeigt sicht vor allem der Bewegungsapparat als gefährdet, und zwar durch:

  • Verletzungen
  • allmählich auftretende Schäden

Bei der Epidemiologie von Sportverletzungen zeigt sich, dass beim Golf unter den Verletzten sich das höchste Durchschnittsalter findet. An Schulterproblemen steht Golf hinter Mountainbike an 2. Stelle, an Ellbogenproblemen noch vor dem Ringen an 1. Stelle. Beim Golf gibt es folgende Reihung von Beschwerden:

  1. Die Lendenwirbelsäule mit etwa 35%
  2. Der Ellbogen
  3. Die Hand und Handgelenke
  4. Die Schulter
  5. Das Knie

Am wichtigsten an Verletzungen sind dabei Prellungen und Stauchungen, besonders des rechten Armes in den harten Boden, beim Schlag im Panker oder im Raff bzw. das Zerren der Rücken- und Schultergürtelmuskulatur bei Luftschlägen. Verstauchungen entstehen sehr häufig beim linken oberen Sprunggelenk durch das bewusste Verkanten des linken Fußes. Es gibt allerdings auch bei ungeübten Golfspielern Ermüdungsbrüche der Rippen.

Bei einer Untersuchung von 12 Nationalspielern zwischen 16 und 22 Jahren erwies sich der Übergang zwischen Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule als bereits leicht degenerativ verändert.

Man hat auch die Belastung der Wirbelsäule gemessen und hat festgestellt, dass beim Gehen über 9 Löcher im Durchschnitt die Probanden 1,8mm kürzer waren, beim Gehen mit einem Wagen 2,5mm und beim Tragen der Schläger wurden die Betreffenden um 4,8mm kleiner.

Golf ist eine Kombination aus Bewegung und Denksport

Die Lendenwirbelsäule

Zu den häufigsten und hartnäckigsten Beschwerden beim Golf gehören Rückenschmerzen. Das Problem ist die Rotation des Rumpfes, die aus anatomischen Gründen im unteren Brustwirbelsäulenbereich bzw. im Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule erfolgt. Die untere Lendenwirbelsäule verträgt, was die Bandscheiben anlangt, ungern vorneigen und drehen, denn durch das Vorneigen entfernen sich die Wirbelbogengelenke voneinander und ermöglichen eine Rotation in der Lendenwirbelsäule. Durch die kleine Rückneigebewegung schließen sich die Wirbelbogengelenke und verriegeln so die untere Lendenwirbelsäule und verhindern somit einen Bandscheibenschaden.

Die im Finish erfolgende Rückneigebewegung der Lendenwirbelsäule geht allerdings zu lasten der Wirbelbogengelenke, die sehr viele Schmerzfühler haben, aber nicht nur Bandscheibe und Wirbelbogengelenke können schmerzen, selbstverständlich auch die Muskulatur. In der Absicht den Ball weit zu schlagen wird versucht, primär den Golfschwung zu beschleunigen. EMG-Messungen der Muskelaktivität der unteren Lendenwirbelsäule haben für Amateure eine höhere Muskelaktivität ergeben als für Profis. Das bedeutet, dass die hektische Aktivität der Muskulatur naturgemäß das Auftreten von Muskelzerrungen verursacht. Kommt zu einer solchen plötzlichen Bewegung noch ein fehlendes Aufwärmtraining oder unzureichender Trainingszustand der Muskulatur dazu, dann sind Muskelprobleme programmiert.

Die Schulter

Das Heben des Armes erfolgt unter anderem durch den Deltamuskel, besonders aber des Obergrätenmuskels  sowie des Untergrätenmuskels. Durch das häufige Hochheben kann die Sehne, die zwischen dem Oberarmkopf und der Schulterhöhe liegt durch den Gleitvorgang entzündliche Veränderungen erfahren. Beim Schlag wird der Schulterblattmuskel u.a. aktiviert.  Auch bei ihm können besonders an seinem Ansatz schmerzhafte entzündliche Veränderungen entstehen. Dieser Muskel kann auch in der linken Schulter schmerzhaft werden, wenn beim Aufschwung der Arm durch eine zu geringe Rumpfrotation zum Oberkörper gezogen wird. Er unterliegt dadurch einem Druckreiz mit entsprechenden Schmerz.

Der Ellbogen

Der Golfer-Ellbogen: Es handelt sich dabei um eine Überlastung der Hand- und Fingerbeugen an der Innenseite des Oberarmknochens.

Der Tennisellbogen

Der wesentlich häufigere Tennisellbogen entsteht durch zu festen Faustschluss bei gleichzeitiger Überlastung der Handstrecker während des Aufschwunges.

Die Hand und Handgelenk

Verschiedenste Strukturen der kompliziert aufgebauten Hand und ihrer Gelenke sind möglich, von Sehnenscheidenentzündungen, Gelenks- oder Bänderschmerzen bis zum Carpaltunnelsyndrom.

Das Knie

Besonders das linke Knie wird beim Golfschwung im Durchschwung innenrotiert aufgesetzt, erst durch Spikes fixiert, wodurch die Rotations- und Schwerkräfte sich auf das Knie auswirken können, und erstens mit Belastung des Innenbandes, aber auch des Innenmeniskus.

Der Fuß

Das Belasten der linken äußeren Fußkante kann einerseits Gelenkschmerzen, sehr häufig aber Bänderschmerzen im äußeren Knöchel provozieren.

Was dagegen tun?

Prinzipiell muss folgendes festgestellt werden:

Sportarten, die technisch perfekt beherrscht werden, pflegen weniger Beschwerden zu machen.

Sportarten beherrscht man umso mehr je früher man damit anfängt.

Die sich immer wieder einschleichenden Bewegungsfehler sollten durch einen Trainer erkannt und korrigiert werden.

Aufwärmen vor dem Spiel

Das Aufwärmen vor dem Golfspiel verfolgt verschiedene Zielrichtungen.

Eine zentralnervöse Zielrichtung

Die Aktivierung gewisser neuromuskulärer Systeme (Gammasystem), um die Muskulatur in eine entsprechende Bereitschaft zur Tätigkeit zu bringen.

Die allmählich zu steigernden Körperbewegungen sind dabei auch notwendig gleichzeitig mit dem „Einschwingen“ die Konzentration und Aufmerksamkeit zu wecken und zu erhöhen (vergleiche auch die Körperhaltungen bzw. Bewegungen bei den Gebetsriten verschiedener Religionen), wodurch die durch das Training erzeugten Bewegungsschablonen wieder abrufbereit werden. Im Prinzip handelt es sich bei dieser Form des Aufwärmens um Bewegungsabläufe mit dem Anspannen und Entspannen der Muskeln und anschließendem Einschwingen.

Eine orthopädische Zielrichtung

Bei dieser soll eine freie Schulterbeweglichkeit bzw. eine ungehinderte Torsions- bzw.  Rotationsbewegung des Rumpfes erreicht werden.

Durch die Alltagsbelastungen werden diese Bewegungsräume nicht erfasst, und unterliegen dadurch einer muskulären bänder- und gelenkskapselbedingten Einschränkung.

Das teilweise dynamische bzw. gehaltene Dehnen sollte die Bewegungsextensität allmählich steigern (Muskelverspannungen verlangen das Entspannen, Bindegewebige Verkürzungen verlangen das Dehnen).

Die Herz-Kreislaufaktivierung ist zwar immer wünschenswert, steht aber gegenüber z.B. der Leichtathletik im Hintergrund.

Das Training

Wie schon bemerkt handelt es sich sportmedizinisch beim Training um das sogenannte Ausdauertraining, welches auch für den Golfsport von Bedeutung ist, um den Leistungsknick bei den letzten Löchern zu verhindern.

Das Üben

Sämtliche Bewegungen und vor allem die Alltagsbewegungen mussten von uns mühsam erlernt werden. Dies bedeutet, dass ein Bewegungsablauf zuerst einmal durch unsere Hirnrinde gestartet, durchgeführt und beendet wird. Was nichts anderes als das Anfängerstadium bedeutet. Man kennt die Bewegungen beim ersten Kontakt mit dem Schläger, ebenso wie beim ersten Mal Eislaufen oder Autofahren. Die ständige Wiederholung eines Bewegungsablaufes lässt im Zentralnervensystem Bewegungsmuster, Stereotypien entstehen, dies umso leichter, je jünger man ist. Später werden diese Bewegungsabläufe als Programme abgerufen und von unserer Großhirnrinde nur mehr kontrolliert, bzw. korrigiert. Dies ist das Geheimnis der driving range.

Mentales Fertigkeitstraining

Kein Bewegungsablauf scheint so kompliziert wie der Golfschlag zu sein, und nur bei wenig Bewegungsabläufen wird die Strafe dafür so hart präsentiert, nämlich durch den Flug des Balles. Das immer wieder abrufen der oben genannten Bewegungsstereotypien, der Schablonen bedingt auch, wie in der Literatur zitiert, ein mentales Fertigkeitstraining, wobei das Selbstgespräch, die Aufmerksamkeit, etc. geübt werden sollten.

Ausgleichssport

In Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Golfplatzes wird nicht immer eine Pulsfrequenz erreicht, die im Sinne des Ausdauertrainings effizient ist. Dem leistungsorientierten Golfer muss empfohlen werden, Konditionstraining   (Leistungsknick bei den letzten Löchern) in Form eines entsprechenden Ausdauertrainings durchzuführen.

Ein weiterer leistungsorientierter Aspekt ist die Notwendigkeit athletische Eigenschaften wie Kraft und Schnelligkeit zu verbessern.

Abgesehen aber von diesen für viele Sportarten geltende Trainingsprinzipien muss daran erinnert werden, dass die stereotype Wiederholung eines Bewegungsablaufes wie die beim Golfschwung in der Natur – sieht man von Gehen und Laufen ab – nicht vorgesehen ist, so dass diese Bewegung alleine immer wieder durchgeführt, zu muskulären Dysbalancen und zu Gelenkstörungen im Sinne der Überbeweglichkeit führen kann.

In Abhängigkeit von der klinischen Befunderhebung betreffend muskulärer Verkürzungen, Abschwächungen, fehlerhafter Bewegungsabläufe, etc. sollte ein individuell angepasstes heilgymnastisches Konzept erarbeitet werden. Meistens besteht dies in einer Kombination von Dehnungen, wünschenswert in Form der postisometrischen Relaxation ( hold relaxe stretch –Methode) bzw. der Aktivierung

von abgeschwächten Muskeln, weiters in der Mobilisierung von bewegungseingeschränkten und Stabilisierung von überbeweglichen Gelenken.

Als nützliche Alternative wären die standardisierten Wirbelsäulenübungen zu nennen, wie sie vom gemeinnützigen Verein zur Prävention von Wirbelsäulenbeschwerden, SOS-Körper angeboten werden.

Was ist von Beschwerden zu halten?

Als wichtigste Beschwerde bei der Sportausübung gilt der Schmerz. 

Festzustellen wo und wodurch er auftritt ist dabei von großer Bedeutung.

Die oberste Aufgabe der Schmerzwahrnehmung ist ihre protektive Wirkung, d.h. dass der Schmerz primär eine Warnfunktion hat. Im Bereich des Bewegungsapparates bedeutet dies, dass bei seinem Auftreten bei gewissen Haltungen oder Bewegungen ein Schaden entstehen könnte. Dem Schmerz sollte also Aufmerksamkeit geschenkt, und dieser diagnostisch durch einen konservativ-orthopädisch ausgebildeten Arzt abgeklärt werden. Röntgenologische Darstellungen alleine haben häufig nicht die Bedeutung, die man ihnen beimisst.

Welche Medikamente soll man nehmen?

Medikamente haben ihre Aufgabe in der Therapie, teilweise und das sei zugegeben, auch in der Prävention von Erkrankungen. Es ist verständlich, dass bei gewissen Vorschädigungen (besonders altersbedingt) durch das Golfspiel, wie auch bei vielen anderen Sportarten (z.B. Tennis) Beschwerden ausgelöst werden. Diese können durch die Einnahme von sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika (z.B. Voltaren) gelindert werden.

Vorsicht ist aber auf jeden Fall geboten, weil diese und selbst modernere Mittel (COX-2Hemmer) schädigende Nebenwirkungen, z.B. auf den Magen, den Darm, aber auch auf die Leber haben können. Hier ist der Rat des Arztes einzuholen.

Von wem und wo lasse ich mich behandeln, wenn ich etwas habe?

Im Gegensatz zu den unfallschirurgischen oder internen Aspekten in der Sportmedizin werden die hier aktualisierten Probleme der sogenannten Banalbeschwerden im Sport trotz ihres häufigen Auftretens von der medizinischen Wissenschaft wenig erfasst. Kein Zweifel, dass in medizinischen Fragen des Golfs ein Sportarzt konsultiert werden soll (der selbst des Golfspielens mächtig ist), der aber auch eine Ausbildung in der Klinik der Funktionsstörungen des Bewegungsapparates (konservative Orthopädie) erfahren hat.

Typische Golfbeschwerden bzw. Golfverletzungen

Was Verletzungen anlangt, werden Prellungen und Stauchungen, besonders des rechten Arms durch Schläge in den harten Boden, oder gegen Hindernisse verursacht.

Zerrungen des Rückens und der Schultermuskulatur können bei sogenannten Luftschlägen auftreten.

Nicht eingegangen werden soll auf Verletzungen durch die Golfschläger oder Golfbälle.

Seltener sind Verrenkungen des linken oberen Sprunggelenkes, sowie andere Verletzungen, wie z.B. Ermüdungsbrüche der Rippen.

Häufig zu beobachten sind Überlastungsschäden:

der „Golfer-Ellbogen“, – schmerzhafte Ansätze der Hand- und Fingerbeuger am rechten inneren Ellbogen,

die „Golf-Schulter“, – eine Beschwerdesymptomatik durch die Überlastung des rechten Obergrätenmuskels und der rechten langen Bizepssehne,

der „Golfer-Rücken“ als schmerzhafter Ausdruck von segmentalen Überbeweglichkeiten und Bandscheibenschäden im Brust, besonders im Lendenwirbelsäulenbereich

An den unteren Extremitäten können gelegentlich Innenbandprobleme des rechten Knies auftreten.

Auf die Knöchelbeschwerden des linken Fußes bei zu starkem Überkanten wurde bereits hingewiesen.

Matis (1982) fasste 5 Grundregeln zur Verhinderung von Verletzungen und Schäden beim Golfspielen zusammen:

  • korrekte Schlagtechnik
  • ausgewogenes Training
  • Vermeidung zu langer Trainings- und Übungseinheiten
  • Aufbautraining für eine adaptierte Muskulatur zur funktionellen Unterstützung der Wirbelsäule
  • Aufwärm- und Dehnübungen vor jedem Abschlag

Univ. Prof. Dr. Hans Tilscher,
Österreichische Ärztegesellschaft für Manuelle Medizin, 
www.manuellemedizin.org    
Gesundheitsaktion SOS Körper,
Rehaklinik Wien Baumgarten,
Reizenpfenninggasse1, 1140 Wien, 
www.soskoerper.at