Fair Play im Wandel eines Jahrhunderts

Vor hundert Jahren fand der Begriff „Fair Play“ Einzug in den Sprachschatz des österreichischen Sports. Damals ging es um die Beseitigung unfairer Rahmenbedingungen. Heute geht es beim Fair Play um den Respekt für den Gegner mit all seinen menschlichen Facetten.

Am 20. Mai 1922 wurde im illustrierten Sportblatt folgendes geschrieben:

Das Fußballspiel ist wie jedes Kampfspiel ein Spiel von zwei Gegnern, das seinen moralischen Wert durch die strengen Kampfregeln erhält, von denen es beherrscht wird und deren Beobachtung den Gesamtbegriff des fairen Spieles ausmacht. Der unparteiische Schiedsrichter vertritt das Gesetz, wacht über seine Befolgung und bestraft jede Übertretung.

Ein wichtiger Teil der Regeln sind bei jedem Kampfspiel auch diejenigen Bestimmungen, welche darauf abzielen, sozusagen Sonne und Wind gleichmäßig unter die Kämpfer zu verteilen und jedem von vorneherein die gleichen Chancen zu lassen. Es seien einige Beispiele dafür aus verschiedenen Sportdisziplinen angeführt.

Bei den Laufkonkurrenzen werden die Sportplätze ausgelost, bei den Boxkämpfen wird das Los darüber geworfen, wer von den beiden Kämpfern unter den vorliegenden Boxhandschuhen zuerst wählen darf, beim Tennisspiel werden in gewissen Zeltabständen die Seiten des Platzes gewechselt, damit keinem der Partner während des ganzen Spieles der Wind oder die Sonne zugutekomme. Dieselbe Vorschrift besteht auch beim Fußballspiel und auch hier wird zunächst vor dem Spiel durch das Los entschieden, wer seine Platzhälfte für die erste Seite wählen dürfe. Die Regel sucht also auch hier dafür zu sorgen, dass keine der beiden Parteien der anderen gegenüber in Nachteil komme.

Der Begriff des fairen Spieles ist aber noch weiter zu fassten und es muss nicht nur als eine Beobachtung der geschriebenen Gesetze aufgefasst werden. Es gehört zu ihm auch, dass die Kämpfenden in seinem Geiste handeln, wenn es sich auch nicht gerade um eine ausdrückliche Regel handelt. Bei den Fußballwettspielen hat der Verein, der den Spielplatz beistellt, für mancherlei zu sorgen. Er hat das Spielfeld zu markieren und nach Kräften dafür Sorge zu tragen, dass es spielfähig ist.

Es ging beim Fair Play also um die Einhaltung des ungeschriebenen Gesetzes der Höflichkeit und der Fairness.

Vor hundert Jahren wurden Vorfälle wie beispielsweise, dass vor dem Tor der eigenen Partei der durchnässte Boden sorgsam mit Sand oder Sägespänen bedeckt wurde, um dem Torwächter der eigenen Partei einen festen Halt zu geben, während für das gegnerische Tor beim besten Willen kein Material zum Aufstreuen aufzutreiben war. Erst bei der Pause war dann gewöhnlich die Herbeischaffung von neuen Sägespänen gelungen, die natürlich wieder zur Pflasterung des eigenen Torraumes verwendet werden mussten“, als grober Verstoß gegen das Fair Play betrachtet.

Heute, hundert Jahre später, geht es nicht mehr um ungleiche Bodenverhältnisse. Die Ungleichheit hat sich von der materiellen zur geistigen Ebene verschoben. Um Fairness wird heute in den Bereichen Rassismus, Sexismus, Homophobie, Antisemitismus gekämpft. „Vor allem in der Nationalsportart Fußball sind Ausgrenzung und Ungleichheit oft sichtbarer als im Rest der Gesellschaft“, stellt die fairplay Initiative, des Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC), fest.

Es geht heute nicht mehr um die rein formelle Einhaltung der Regeln im Sport. Wer sich auf dem Platz grob daneben benimmt, dem drohen saftige Geldstrafen und Sperren. So erhielt ein Trainer vom Strafausschuss des Fußballverbandes eine dreimonatige Funktionssperre, weil er ein Foul, das einer seiner Spieler begangen hatte, mit den Worten „Bravo, gut gemacht“ kommentiert hatte. Für die Unsportlichkeit musste er zudem 100 Euro bezahlen. Fair Play „Eine größtmögliche Chancengleichheit, die strikte Einhaltung der Regeln und die Achtung des Gegners und seine Unantastbarkeit“