Die stille Welt des Sports?

Kopf, Körper, Kampfgeist: vom Privileg, Sport ausüben zu können. Wie eine gehörlose Spitzensportlerin Staatsmeisterin in Badminton wird. (Titelbild: Daniel Auer)

von Magdalena Hammer

Katrin Neudolt im Gespräch

Schnelligkeit, Fokus, Körperbeherrschung und Disziplin – die Randsportart Badminton, die viele nur als Federball kennen, fordert alles von einem Sportler. In Millisekunden reagieren, Entscheidungen treffen, die zu Sieg oder Niederlage führen, alle Sinne auf einen Gegner, einen Schläger, einen Ball konzentrieren. „Kämpfen bis zum Schluss!“, die österreichische Staatsmeisterin im Badminton unterstreicht ihr Motto mit einer entschlossenen Handbewegung. Eine perfekte Badmintonspielerin gibt es nicht, sagt Katrin Neudolt: „Badminton braucht alle Fertig- und Fähigkeiten. Man muss immer an sich arbeiten, an Taktik, Technik und an der mentalen Einstellung.“ Als Tochter einer Sportlerfamilie sucht sie schon als Kind die größte körperliche Herausforderung: „Handball, Fechten, Schwimmen, Leichtathletik, ich habe alles ausprobiert. Nur beim Badminton war ich nach dem Training so richtig fertig, da bin ich dann geblieben“, lacht die Sportlerin. Die Leidenschaft sieht man Neudolt an: „Ich wollte schon immer Sportlerin werden, jetzt lebe ich den Sport!“

Seit 1998 spielt Neudolt im Verein Badminton Mödling und feiert viele Erfolge in nationalen und internationalen Einzel- und Doppelbewerben, seit 2017 wurde sie auch Teil des Heeressports. Doch die Spitze des österreichischen Badmintonteams hat ein offenes Geheimnis: sie ist gehörlos.

Mit 16 Jahren lernt sie den Österreichischen Gehörlosensport Verband ÖGSV kennen und öffnet die Tür in eine stille Welt: „Seitdem trage ich beim Sport kein Hörgerät mehr. Ohne Hörgerät bin ich viel fokussierter, kann mich voll und ganz auf den Ball konzentrieren.“ Auch für ihre Teilnahme an den Deaflympics, die seit 1924 alle vier Jahre vom International Committee of Sports for the Deaf ausgetragen werden, muss Neudolt ohne Hörgeräte trainieren. Früher als „World Silent Games“ bekannt, sind die Deaflympics seit 2001 vom Internationalen Olympischen Komitee anerkannt und gleichgestellt mit den Olympischen Spielen und den Paralympics.

Die Realität in Österreich sieht anders aus, Gehörlosensportler sind eine Minderheit. „Ich bin die am besten geförderte gehörlose Sportlerin in Österreich“, sagt Neudolt, die nur einen Bruchteil der möglichen Sportförderung erhält. „Oft sind wir gehörlosen Sportler die Ausnahme, die froh sein sollen, dass sie überhaupt Geld erhalten.“

Als erste Sportlerin, die sowohl im Gehörlosensport als auch im Nichtbehindertensport große Erfolge feiern kann, setzt sich Neudolt für die gleichberechtigte Anerkennung von gehörlosen Sportlern ein. Die größte Hürde ist die Sprache, viele Informationen sind für gehörlose JungsportlerInnen nicht verfügbar: „Ich hatte früher nie den richtigen Support, was ist Spitzensport, was gehört eigentlich da alles dazu…“ Die fehlende Unterstützung führt bei Katrin Neudolt im jungen Alter zu einer Knieverletzung durch mangelnde Physiotherapie: „Die Knieoperation war ein Rückschlag, aber sie hat in mir die Wertschätzung für den Sport gestärkt. Ich habe erkannt, welches Privileg wir haben, Sport ausüben zu können.“

Sport verbindet – doch nicht grenzenlos. „Viele Gehörlose feuern etwa bei Marathonläufen und Skirennen begeistert ihre Teams an. Aber die Moderation bekommt man nicht mit.“ Katrin Neudolt wünscht sich Dolmetscher und Untertitel für alle Sportveranstaltungen. „Das wäre ein starkes Zeichen: es gibt Gehörlosensport, es gibt gehörlose Sportler, das ist ein Teil unserer Gesellschaft.“