Die Evolution einer Karriere

Dominic Thiem ist mit seinem Sieg bei den US Open im Tennis Olymp angekommen. Anhand seiner Karriere kann man nachvollziehen, wie eine realistische Profikarriere aussehen kann.

Von Philipp Nägele

Zuerst einmal möchte ich Dominic Thiem von Herzen zu seinem ersten – und hoffentlich nicht letzten – Major-Titel, dem Grand Slam Turnier in New York, den US Open gratulieren. Nach zwei Sätzen im Rückstand, im bis dato wichtigsten Spiel seiner Karriere, den Kopf hochzuhalten und in fünf Sätzen, im alles entscheidenden Tiebreak, zu gewinnen, ist großartig!

Durch diesen Titel reiht er sich endgültig, mit Thomas Muster, als der größte Tennisspieler Österreichs, ein. Doch um ehrlich zu sein, es hat auch viele Kämpfe, viel Aufopferung und einige Anläufe gebraucht. Darüber hinaus sind die „Big 3“, mit Đoković, Nadal und Federer immer noch die Spieler, die es zu schlagen gilt.

Es war 2018, als Thiem längst den Durchbruch auf der ATP Tour geschafft hatte, und sich als überaus ernst zu nehmender Gegner etabliert hatte. Er schaffte es richtig gut bis ins Finale, ohne größere Stolpersteine. Das erste Grand-Slam Finale, und das gegen die Sandplatzgröße schlechthin: Rafael Nadal. Das Ergebnis: eine klare 3:0-Niederlage.

Die nächste Chance bot sich wieder bei den French Open – wie im Jahr zuvor! Und wieder hieß der Gegner Rafael Nadal. Das Endergebnis war abermals eine Niederlage. Aber: die ersten beiden Sätze waren bedeuten umkämpfter, wobei Thiem auch den zweiten Satz gewinnen konnte.

Bei den Australian Open, am Beginn dieses Jahres, sah es schon ganz anders aus. Dominic Thiem bezwang Rafael Nadal im Viertelfinale: hart umkämpft, in „nur“ vier Sätzen. Alexander Zverev – seinen Finalgegner vom letzten Wochenende – rang er ebenfalls in vier Sätzen im Halbfinale nieder. Die dritte Chance kam somit in diesem Open, im Finale gegen Novak Đoković. Und nach drei Sätzen sah es richtig gut aus für Thiem. Er schafft die letzte Hürde dennoch nicht. Die Enttäuschung war wieder groß.

Was wir aber anhand dieser Ergebnisse und der Entwicklung in den Finalspielen sehen können, ist glasklar: Schrittweise – vielleicht langsam, aber stetig – kämpfte sich Dominic Thiem an die „Big 3“ heran und ließ so seine Chance, ein Grand Slam Titel zu gewinnen, ebenfalls stetig steigen.

US Open 2020. Finalgegner Alexander Zverev. In der direkten Bilanz liegt Thiem zu diesem Zeitpunkt mit drei zu einem Sieg vorne. Und was passiert? 2:0-Satzrückstand! Wieder schien der Traum vom Major-Titel nicht in Erfüllung zu gehen. Doch er kämpfte sich zurück und holte den Titel. Wir können uns im Traum nicht vorstellen, welche Gefühle so etwas auslöst, wenn du dreimal im Finale verlierst und dann nach solch einem Kampf den Titel holst.

Dranbleiben, nicht aufgeben, arbeiten

Ich möchte auch aufzeigen, dass solche Karrieren im Sport, solche „langsamen“ Schritte ganz nach oben, eigentlich normal sind. Wir sehen oftmals nur die Helden, die ganz oben stehen. Bei denen es leicht aussieht. Die scheinbar immer Erfolg haben. Solche Karrieren sind eine absolute Seltenheit. Dies wird uns vor allem klar, wenn wir zum Beispiel wissen und vergleichen, dass in der ATP-Rangliste – im Tennis – es gesamt weit über 500 Spieler gibt. Sicherlich sind nicht alle Vollprofis, aber jeder kämpft dorthin. Und bei nicht mal einer Handvoll sieht es einfach aus, immer an der Spitze zu sein. Solche Karrieren sind selten. Deshalb: Dranbleiben, nicht aufgeben, arbeiten. Deine eigenen Diamanten schleifen, bis am Ende des Tages du an der Spitze stehst!

Philipp Nägele ist Mental Coach und Personal Trainer. Weiter Informationen gibt es auf der Homepage der Kaizen-Mindstyle-Academy.