Auf der Jagd nach Geschwindigkeit

Am 1. Februar ging der Speedski-Weltcup mit dem Eröffnungsrennen in Vars (Frankreich) in eine neue Runde. Die Fahrer stürzen sich eine speziell präparierte Piste hinunter und erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 250 km/h. In keiner anderen Sportart ohne Motor ist solch ein Tempo erreichbar.

Von Dorian Fischer

Vor einem Bewerb können die Athleten ein freies Training auf der Rennstrecke absolvieren. Der Start erfolgt dabei aber deutlich weiter unten als im Finale. Damit die Fahrer immer höhere Geschwindigkeiten erreichen, wird der Startpunkt von Lauf zu Lauf weiter oben angesetzt. In den Qualifikationsläufen scheiden die langsamsten Teilnehmer aus. Nach dem Halbfinale geht das große Finale mit dem höchsten Startpunkt über die Bühne.

Weltweit gibt es etwa 50 geeignete Speedski-Strecken, wobei im derzeitigen Weltcup-Kalender nur europäische Strecken vertreten sind. Sie sind bis zu einem Kilometer lang, 25 Meter breit und weisen ein Gefälle von bis zu 112 Prozent auf. Die Geschwindigkeit wird am Ende der Piste auf einer etwa 100 Meter langen Messstrecke per Lichtschranke ermittelt. Die Pisten eignen sich auch für Geschwindigkeits-Rekordversuche anderer Sportarten. 2015 erreichte zum Beispiel Éric Barone mit seinem Mountainbike 223,3 km/h und stellte damit einen neuen Geschwindigkeitsrekord auf.

Ausrüstung

Um die maximale Geschwindigkeit zu erreichen, tragen die Fahrer enganliegende „Latex“-Rennanzüge aus beschichtetem Polypropylen (thermoplastischer Kunststoff). Zur Verbesserung der Aerodynamik dienen ein speziell angefertigter Helm und ein maximal 1 Kilogramm schwerer „Spoiler“, der unter dem Anzug an den Skischuhen befestigt wird. Die gekurvten Skistöcke passen sich der Rennhocke an. Mit einer Länge von 2,20 bis 2,40 Metern und einem Gewicht von 14 Kilogramm sind die Skier länger und schwerer als herkömmliche Abfahrtsskier.

Olympische Tragödie

Bereits in den 1930er-Jahren fanden die ersten Speedski-Wettbewerbe statt. Damals erreichten die besten Läufer Geschwindigkeiten um die 130 km/h. Einen neuen Meilenstein setzte im Jahr 1978 der Amerikaner Steve McKinney, der in Chile als Skifahrer erstmals die 200 km/h-Marke knackte. 1992 debütierte die Sportart als Demonstrationsdisziplin bei den Olympischen Winterspielen in Albertville. Es wurde ein neuer Rekord von 229 km/h aufgestellt und das Event sorgte für große Begeisterung bei den Zuschauern. Allerdings wurde die Veranstaltung vom Todesfall des Schweizer Skirennfahrers Nicolas Bochatay überschattet, der beim Warmfahren auf einer öffentlichen Piste mit einer Pistenraupe kollidierte. Bis heute war es der letzte Auftritt der Sportart bei den Olympischen Winterspielen. Seit dem Jahr 2000 wird der Speedski-Weltcup jährlich von der FIS (Internationaler Skiverband) ausgetragen.

Österreichs Leistungsträger

Im österreichischen Nationalkader stehen in dieser Saison mit Klaus Schrottshammer und Manuel Kramer lediglich zwei, dafür aber ausgesprochen erfolgreiche Fahrer. Schrottshammer ist zweifacher Gesamtweltcupsieger und holte bereits drei Bronzemedaillen bei Weltmeisterschaften. Seit 2016 hält er mit 248,447 km/h den österreichischen Geschwindigkeitsrekord. Kramer ist ehemaliger Ski Alpin-Rennläufer und startet seit 2015 im Speedski-Weltcup. 2017 kürte er sich bereits zum Vizeweltmeister in Idre Fjäll. Nach einem Kreuzbandriss feierte er zuletzt mit zwei Podestplätzen im finnischen Salla ein mehr als erfolgreiches Comeback.

Weltrekord

Das Maß aller Dinge im Speedskiing ist der Italiener Simone Origone. Er hat nicht nur alles mehrfach gewonnen, was es zu gewinnen gibt, sondern hält auch mit unglaublichen 252,4 km/h den aktuellen Weltrekord. Der 34-Jährige, der die ersten drei Rennen für sich entscheiden konnte, scheint auch in diesem Jahr unantastbar zu sein.

Gefahr fährt mit

Aufgrund der hohen Geschwindigkeit setzen sich die Fahrer einem erheblichen Risiko aus. Ein „Verschneider“ führt schnell zu einem Sturz, der nur selten glimpflich ausgeht. Zum Beispiel stürzte der belgische Temporekordhalter Joost Vandendries beim letztjährigen Weltcupfinale in Andorra schwer und zog sich dabei unglaubliche neun Knochenbrüche zu.

„Mission 200“

Letztes Jahr fand die Speedski-WM im März in Vars (Frankreich) statt. Mit von der Partie war erstmals auch die amtierende österreichische Abfahrtsweltcup-Siegerin Nicole Schmidhofer. Die kleingewachsene Steirerin, die sich an die 200 km/h-Marke heranwagen wollte, freundete sich schnell mit ihrer neuen Ausrüstung an. Sie belegte nicht nur den hervorragenden 4. Platz, sondern knackte mit 217,590 km/h auch den bisherigen österreichischen Damenrekord von Cornelia Seebacher (179,600 km/h).